Maxie Wander: Guten Morgen, du Schöne

Von 14.09. 2018 März 4th, 2020 Bücher
Tino Schlench - Literaturpalast - Maxie Wander - Guten Morgen, du Schöne

Guten Morgen, ihr Schönen! Pardon, aber die schamlose Anbiederung gleich am Anfang dieses Beitrags mag man mir verzeihen. Mich trifft wirklich keine Schuld! Galant schiebe ich alles auf das hier porträtierte Buch, dessen bekannter Titel diesen Einstieg nicht nur einfordert, sondern geradezu erzwingt: Guten Morgen, du Schöne ist längst zum geflügelten Wort geworden. Auch über die Grenzen der DDR hinaus, wo die in Wien geborene Photographin, Journalistin und Schriftstellerin Maxie Wander (1933 – 1977) ab den späten 1950er Jahren lebte. Ihr Buch – erschienen im Jahr 1977 – basiert auf Tonband-Protokollen, die im Gespräch mit 19 Frauen verschiedener Altersgruppen entstanden und nachträglich von Wander zu Porträts literarisiert worden sind. Ganz offen verhandelt werden darin so unterschiedliche Themen wie Liebe, Sexualität, Familie, Arbeit oder Politik.

„Was du da machst, Leute befragen und so, ist wunderbar. Etwas Ähnliches hab ich mir vorgenommen, wenn Peter aus dem Haus ist. Jetzt geht jedes bisschen Energie für ihn drauf. Ich will mich nicht zerstückeln, ich will alles ganz machen.“

Steffi, 37 Jahre, Hausfrau, 1 Sohn aus erster Ehe, verheiratetMaxie Wander: Guten Morgen, du Schöne

Zu behaupten, dass kaum ein Buch der DDR so viel für die ostdeutsche Frauenemanzipation und -bewegung getan hat wie Guten Morgen, du Schöne, ist vermutlich keine Übertreibung. Gleichwohl muss man bedenken, dass sich der Feminismus hier erst ab den frühen 1980er Jahren im Schutze der protestantischen Kirche etablieren konnte. Denn neben der SED durfte es schlichtweg keine weiteren (gesellschafts-)politischen Bewegungen geben. Die Gleichberechtigung von Mann und Frau war in der DDR Staatsdoktrin, was dazu führte, dass real existierende Probleme und Ungleichheiten öffentlich kaum diskutiert werden konnten. Literatur schaffte hier eine Abhilfe. Bücher wie Guten Morgen, du Schöne beförderten den Erfahrungsaustausch und setzten lebhafte Gespräche und eine kritische Selbstreflexion ihrer Leserinnen und Leser in Gang. Welche Wirkungsmacht ihr Text entfaltete, konnte Maxie Wander nicht mehr miterleben. Sie starb nur kurze Zeit nach der Veröffentlichung an den Folgen einer Krebserkrankung.

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