Eigentlich sollte dieser Beitrag mit meinem Kindergarten in der DDR einsetzen. Denn eine persönliche Anekdote gleich am Anfang, das kann doch nicht schaden. Zudem trug der Kindergarten den schönen Namen „Druschba/Freundschaft“. Und siehe da – ebenso heißt das ukrainische Erholungsheim, das auf dem Cover des großartigen Bildbandes CCCP – Cosmic Communist Constructions Photographed (Taschen Verlag, 2011) zu sehen ist. Erbaut im Jahr 1985, wurde das Gebäude vom politischen Gegner lange Zeit für eine Raketenabschussrampe gehalten.
Eigentlich sollte dieser Beitrag vom französischen Photographen Frédéric Chaubin erzählen, der für seinen Band CCCP etwa 90 Gebäude ablichtete, die in den Jahren 1970 bis 1990 in den sowjetischen Teilrepubliken entstanden. Ein einheitlicher architektonischer Stil lässt sich dabei nicht erkennen. Denn bedient wurde sich, wo man nur konnte – bei Modernismus, Konstruktivismus, Expressionismus, Brutalismus. Es ließen sich weitere Ismen anfügen. Aber wer will das schon?
Eigentlich sollte dieser Beitrag davon berichten, dass die „ästhetisch-ideologischen Ausreißer“, die der Band versammelt, nahezu alle in den Randzonen des Imperiums entstanden. Denn das Regime gestattete architektonische Freiheiten vor allem in der Peripherie. Für Chaubin zählen diese Bauten – futuristische Science-Fiction und Monumentalismus vereinend – zu den verstörendsten Manifestationen vom Ende der UdSSR. Verstörend und beeindruckend.
Eigentlich wollte ich all das schreiben. Dann aber entschied ich mich dazu, den schweren Bildband (2,66kg) für diesen Beitrag auf einem Geländer der Wirtschaftsuniversität Wien zu photographieren. Dabei stürzte das Buch versehentlich mehrere Meter in die Tiefe und verfehlte einen lesenden Studenten nur knapp. Dem jungen Mann ist glücklicherweise nichts passiert. Entgeistert habe ich mich mehrfach bei ihm entschuldig. Nur das Buch ist völlig hinüber. Der potentielle Totschlag aber verschaffte diesem Beitrag zum Thema Brutalismus eine völlig unerwartete Wendung.